(PA, 15. September 2022) – Mit der gestrigen Abstimmung zur Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (REDIII) hat das EU-Parlament seine Positionen zu den finalen Verhandlungen mit der Kommission und den Mitgliedstaaten fixiert. Diese Richtlinie legt fest, welche erneuerbaren Energieformen die Nationalstaaten einsetzen sowie fördern dürfen und welche Kriterien dabei zu beachten sind, um ihre Erneuerbaren-Energien-Ziele zu erreichen. „Im Gegensatz zur EU-Kommission und den Mitgliedstaaten nimmt das EU-Parlament eine kritische Haltung zur Bioenergie ein. Das Ergebnis ist ein praxisferner, bürokratischer und teilweise inkonsistenter Vorschlag, der den Ausbau der Bioenergie behindern und nicht, wie für die Zielerreichung notwendig, forcieren würde. Der Vorschlag, Holzenergie aus dem Wald gar nicht mehr als erneuerbar anzuerkennen, wurde aber schlußendlich mit einer sehr deutlichen Mehrheit abgelehnt“, verdeutlicht Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes. „Es ist kaum nachvollziehbar, dass man im EU-Parlament die regionale Bioenergienutzung, die ein wesentlicher Teil der nachhaltigen Bewirtschaftung und Klimawandelanpassung unserer Wälder ist, behindert, während Atomenergie, Kohlekraftwerke und Fracking eine Renaissance erleben. Ich bin zuversichtlich, dass sich während der Trilogverhandlungen die Vernunft durchsetzt. Unser Dank gilt insbesondere den Abgeordneten Simone Schmiedtbauer und Alexander Bernhuber, die sich in den Verhandlungen massiv für die regionale Biomassenutzung eingesetzt haben.“
Zähe Verhandlungen
„Das Ergebnis bzw. der finale Bericht ist nicht das, was ich mir für die heimische und die europäische Biomassebranche gewünscht hätte, denn er wird ihrem Stellenwert nicht gerecht. Das Einfrieren der Anrechenbarkeit für die Erneuerbaren-Ziele auf ein Durchschnittslevel 2017-2022 anstatt gar keine Berücksichtigung ist ein Teilerfolg. Nun gilt es, auf Verbesserungen bei den Trilogverhandlungen zu drängen und zu hoffen“, fasst die Europabgeordnete Simone Schmidtbauer, im Regionalausschuß für die RED III zuständige Berichterstatterin, zusammen. „Mit der Absicht des EU-Parlaments ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die Verhandlungen mit den EU-Ländern sind in den Startlöchern. Jetzt ist Energieministerin Gewessler, die Österreich in diesen Verhandlungen vertritt, am Zug, um das Beste für unsere wertvollste nachhaltige heimische Ressource und damit für unsere Bürgerinnen und Bürger herauszuholen. Ich setze mich jedenfalls weiterhin nach all meinen Möglichkeiten dafür ein, Nachbesserungen für die regionale Biomassenutzung zu erreichen.“
Holzvorräte und Holzenergie gleichzeitig ausgebaut
„In Ländern mit aktiver nachhaltiger Waldbwirtschaftung wurden sowohl die Holzvorräte als auch die Holzenergienutzung stark gesteigert. Aktuell stehen wir vor der Herausforderung, dass die Klimakatastrophe zu mehr Bedarf an Waldpflegemaßnahmen und zu höheren Schadholzanteilen führt. Beides sorgt für einen steigenden Anfall von Biomasse für die Holzenergie. Wird diese nicht genutzt, verfault sie ungenutzt im Wald, ohne fossile Energie zu ersetzen“, verdeutlicht Titschenbacher. Auf den Punkt bringt es Professor Michael Obersteiner, Leiter des renommierten Environmental Change Institutes der Universität Oxford und Mitautor zahlreicher IPCC-Berichte: „Mir ist kein seriöses wissenschaftliches Papier bekannt, in dem die Bioenergie schlechter als fossile Brennstoffe abschneiden würde. Ein Erreichen des 1,5 Grad Zieles ist ohne Bioenergie undenkbar.“
Dem problematischen Parlamentsbeschluss ging eine breite, emotional gestaltete Kampagne gegen die Bioenergie und Waldnutzung voraus, mit der Holzenergie ohne belastbare Fakten negativ dargestellt wurde. „Es ist erschütternd, wie hier mit falschen Informationen gegen Holz, unseren wichtigsten erneuerbaren Energieträger, vorgegangen wurde. Diese Negativ-Kampagnen richten sich eindeutig gegen die Interessen der EU-Bevölkerung, und man muss die Frage stellen, wer so etwas mit erheblichen Geldmitteln finanziert“, zeigt sich Titschenbacher über solche Vorgangsweisen sehr verärgert.
Holzenergie unverzichtbar als Energiequelle
Holz ist unsere wichtigste inländische Energiequelle. Dank des Holzenergie-Ausbaus kann Österreich auf Kohle- und Atomkraftwerke verzichten. Die installierte Leistung der Holzenergie-Anlagen, die an kalten Tagen für die Wärme- und Stromerzeugung abgerufen werden kann, beträgt rund 28 GW. Das entspricht einer Leistung von etwa 39 Atomkraftwerken der Marke Zwentendorf. Holzbrennstoffe basieren auf Reststoffen und Koppelprodukten, die im Wald bei der Waldpflege und bei der Produktion von Holzprodukten anfallen. Für einen Kubikmeter verbautes Holz fallen sechs Kubikmeter Nebenprodukte an, die auch energetisch verwertet werden können. Die energetische Nutzung dieser Nebenprodukte generiert die mit Abstand höchsten CO2-Einsparungen in der Nebenprodukte-Verwertung. Etwa die Hälfte der österreichischen Haushalte heizen direkt oder indirekt mit Holz oder verfügen über eine Zusatzheizung wie Kachel- oder Schwedenöfen. Etwa 2.400 Nahwärmeanlagen und 130 stromerzeugende Anlagen bilden das Rückgrat der kommunalen Wärmeversorgung. Europaweit ist Bioenergie mit etwa 60 Prozent der erneuerbaren Energieerzeugung der bedeutendste erneuerbare Energieträger, der weit überwiegende Anteil davon ist Holz aus nachhaltiger Forst- und Holzwirtschaft.
Rückfragehinweis:
Antonio Fuljetic-Kristan,
Österreichischer Biomasse-Verband,
Tel: 01 533 07 97-31, 0660 85 56 804;
E-Mail: fuljetic@biomasseverband.at
EP Plenary session - Voting session