Informationen zur Nachhaltigkeitszertifizierung nach RED II bzw. RED III

Datum der Überarbeitung: 07. März 2024

Haftungsausschluss: Diese Informationen wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, der ÖBMV übernimmt keinerlei Verantwortung bzw. Haftung für die Richtigkeit der Angaben oder Schäden die Unternehmen aus der Nutzung der bereitgestellten Informationen entstehen. Die Unterlagen des Umweltbundesamts bilden eine weitere wichtige Informationsquelle für Unternehmen. Rechtsgültige Auskünfte können bei den zuständigen Ministerien (BML, BMK) und bei den von den Ministerien betrauten Stellen (UBA, BFW) eingeholt werden. Die hier gesammelten Informationen sollen Unternehmen einen ersten Überblick bieten.

Mit der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen wird der Anteil der Bioenergie zur Deckung unseres Energiebedarfs zukünftig deutlich zunehmen. Um zu gewährleisten, dass die hierfür eingesetzte Biomasse nachhaltig produziert wurde, haben sich die europäischen Mitgliedstaaten auf Kriterien geeinigt, die künftig von allen Wirtschaftsakteuren eingehalten und dokumentiert werden müssen, die Biomasse oder Biogas zur Strom- oder Wärmeerzeugung nutzen. Freiwillige Zertifizierungssysteme wie das der SUSTAINABLE RESOURCES Verification Scheme GmbH (SURE) gelten als objektive und zuverlässige Möglichkeit, die Einhaltung dieser RED II-Kriterien zu dokumentieren. Hierzu werden die Systeme von der EU-Kommission geprüft und anerkannt, um eine vollumfängliche Compliance mit den RED II-Anforderungen zu gewährleisten und eine hohe Qualität und Transparenz der Nachhaltigkeitszertifizierung zu garantieren. Eine Auflistung der durch die EU-Kommission aktuell zugelassenen Zertifizierungssysteme ist unter https://energy.ec.europa.eu abrufbar, wobei bei der Auswahl auf die unterschiedlichen Geltungsbereiche zu achten ist.

Das Zertifizierungssystem SURE wurde vom europäischen Biomasse-Verband Bioenergy Europe gemeinsam mit dem in der Nachhaltigkeitszertifizierung landwirtschaftlicher Rohstoffe für den Treibstoffbereich tätigen Unternehmen REDcert entwickelt, um den Wirtschaftsbeteiligten im Biomasse- und Biogasmarkt ein praktikables System anzubieten und die Compliance mit den Anforderungen der RED II transparent, belastbar und rechtssicher nachzuweisen. Das System bietet ein Gesamtpaket für alle eingesetzten Biomassen, egal ob sie aus der Land-, Forstwirtschaft aus Industrieunternehmen oder der Abfallwirtschaft stammen. Ziel war und ist eine möglichst praxistaugliche Umsetzung der EU-Vorgaben in der Erneuerbaren Energie-Richtlinie.

Nationale rechtliche Grundlagen:

Die Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien zur Treibhausgas-Einsparung der aktuell gültigen RED II sind seit 03.04.2023 für forstwirtschaftliche Biomasse mit der „Nachhaltige forstwirtschaftliche Biomasse – Verordnung – NFBioV“ und für landwirtschaftliche Biomasse mit der „Nachhaltige landwirtschaftliche Ausgangsstoffe-Verordnung – NLAV“, sowie der „Biomasseenergie- Nachhaltigkeitsverordnung – BMEN-VO“ rechtskräftig in nationales Recht umgesetzt. Die Zusammenhänge dieser Verordnungen sind in folgender Grafik dargestellt.

Abbildung 1: Zusammenhänge der Verordnungen (Quelle: Umweltbundesamt)

Umsetzung der Zertifizierungspflicht von forstwirtschaftlicher Biomasse:

Betreiber von Anlagen auf Basis fester Biomasse mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von ≥ 20 MW haben sich an einem durch die EU anerkannten Zertifizierungssystem zu bedienen, um die in der BMEN-VO verankerten Kriterien nachzuweisen und weiterhin als nachhaltig, erneuerbar und förderbar zu gelten. Darüber hinaus müssen sich nach der NFBioV, abgesehen von den forstwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben, alle Unternehmen der Wertschöpfungskette ebenfalls an einem durch die EU anerkannten Zertifizierungssystem bedienen. Eine schematische Darstellung der Zertifizierung der Wertschöpfungskette ist in folgender Abbildung ersichtlich.

Abbildung 2: Zertifizierung der Wertschöpfungskette (Quelle: Umweltbundesamt)

Forstwirtschaftliche Erzeugerbetriebe können sich entweder direkt selbst über ein von der EU – Kommission anerkanntes System zertifizieren lassen, oder sie nehmen an einem Gruppenzertifizierungsprozess teil und geben hierfür dem zertifizierungspflichtigen Gruppenmanager eine entsprechende Selbsterklärung ab. Für die Gruppenzertifizierungen notwendigen Selbsterklärungen, die von forstwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben bei Lieferungen an zertifizierungspflichtige Anlagen (direkt od. über Ersterfasser bzw. Brennstoffhändler) für den Nachweis der Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien beizufügen sind, stehen in Österreich zwei unterschiedliche Versionen für „low-risk“-Gebiete zur Verfügung. Einerseits die Selbsterklärung des SURE-Systems und andererseits ein eigens für Österreich erarbeitetes und mit dem Zertifizierungssystem SURE und dem österreichischen Gesetzgeber abgestimmtes Formular (Bitte diesbezüglich um Beachtung der unten angeführten FAQ 12). Die folgende Abbildung veranschaulicht die Notwendigkeit zur (Gruppen-) Zertifizierung des forstwirtschaftlichen Erzeugerbetriebs für die energetische Nutzung.

Abbildung 3: Notwendigkeit von Selbsterklärungen (Quelle: verändert nach LKO)

Zeitliche Vorgaben zur Implementierung der Zertifizierung:

Generell sind die Inhalte der nationalen Verordnungen mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft getreten. In den Verordnungen ist jedoch für forstwirtschaftliche Biomasse eine Kapazitätsklausel (NFBioV – § 13 / BMEN-VO – § 10) integriert, womit bis zum 29.12.2023 die Möglichkeit bestand, mittels einer Eigenerklärung an die entsprechende Behörde NFBioV – Bundesamt für Wald (BFW) / BMEN-VO – Umweltbundesamt (UBA) um einen Aufschub der Zertifizierungsanforderungen aufgrund von Mängeln in Bezug auf Zertifizierungsmöglichkeiten bis zum 29.12.2023 anzusuchen. Das BFW erstellt aktuell eine Risikobewertung die als Legitimation für durch die EU anerkannte Zertifizierungssysteme zur Einstufung Österreichs als „low-risk“-Gebiet herangezogen werden kann. Bis dahin hat das SURE-System die Beschreibung des Nachhaltigkeitsrisikos in der NFBioV vorläufig als Risikobewertung mit dem Ergebnis „low risk“ anerkannt.

Die ersten in Österreich ansässigen Zertifizierungsstellen sind bei dem durch die EU – Kommission anerkannten Zertifizierungssystem „SUSTAINABLE RESOURCES Verification Scheme GmbH“ (SURE) gelistet. Neben dem Zugang über die Zertifizierungsstellen mit Sitz in Österreich besteht auch die Möglichkeit, sich einer im Ausland ansässigen Zertifizierungsstelle (zB.: in Deutschland) zu bedienen, die allerdings für eine Gültigkeit in Österreich um Zulassung und Registrierung bei den entsprechenden österreichischen Behörden ansuchen müssen und dann von den jeweiligen Behörden veröffentlicht werden.

Auf Anlagenebene werden die nach der BMEN-VO für Österreich in-/ ausländischen zugelassenen Zertifizierungsstellen aktuell auf Anfrage an die Mail-Adresse BMEN@umweltbundesamt.at mitgeteilt, die nachfolgend mit Stand vom 07.03.2024 aufgelistet sind.

Tabelle 1: Zugelassene Zertifizierungsstellen beim Umweltbundesamt (Stand: 07.03.2024)

Zugelassene Zertifizierungsstellen nach der NFBioV die gesamte Lieferkette bis zur Anlage betreffend sind auf der Homepage des Bundesamts für Wald (BFW) ausgewiesen und folgender Auflistung mit Stand vom 07.03.2024 zu entnehmen.

Tabelle 2: Zugelassene Zertifizierungsstellen beim Bundesamt für Wald (Stand: 07.03.2024)

Alle Anforderungen an Unternehmen seitens des Zertifizierungssystems SURE, wie zB.: SURE- Systemdokumente, SURE – Technische Anleitungen für die Massenbilanzierung, die Treibhausgas-Berechnung, die Gebührenordnung und vieles mehr erhalten sie auf der Homepage des SURE- Zertifizierungssystems.

Im ersten Schritt ist für eine erfolgreiche Zertifizierung eine Registrierung bei SURE und in weiterer Folge die Wahl einer durch SURE und die österreichischen Behörden zugelassenen Zertifizierungsstelle sowie die Vereinbarung eines Termins für ein Erstaudit erforderlich.

Information zur Mengenmeldung 2023

Zertifizierte Unternehmen sollten die Erfassung und Registrierung Ihrer Mengen nachhaltiger Biomasse im Jahr 2023 in der SURE-Datenbank bis 31.März 2024 abschließen:

  • Die Mengenmeldung für das Berichtsjahr 2023 setzt einen gültigen Systemvertrag und ein gültiges Zertifikat von SURE im Berichtsjahr 2023 voraus 
  • Die Mengenmeldung ist für alle SURE Systemteilnehmer Pflicht 
  • Wirtschaftsbeteiligte, die erst in 2024 einen Systemvertrag mit SURE abgeschlossen haben, geben an, in 2023 keine Biomasse als nachhaltig verwendet zu haben. 
  • Wirtschaftsbeteiligte können nur ab Erhalt eines Zertifikates Biomasse als nachhaltig deklarieren.

Hilfreiche Informationen dazu finden Sie hier:

Anleitung zur Mengenmeldung

FAQ Mengenmeldung

FaQs:

1. Was ist die rechtliche Grundlage der Nachhaltigkeitszertifizierung?

Die gesetzliche Grundlage ist die Erneuerbare Energien Richtlinie der Europäischen Union, diese regelt die Anerkennung und Förderung von erneuerbaren Energien. Mit der RED II wurden neben bereits vorhandenen Nachhaltigkeitskriterien für flüssige Biotreibstoffe, die im Verkehr eingesetzt werden, auch Nachhaltigkeitskriterien für feste und gasförmige Biomassen im Wärme -, Strom-, Gas- und Treibstoffbereich eingeführt. Diese wurden mit der kürzlich beschlossenen RED III weiter verschärft. Die RED schreibt vor, dass die Nachhaltigkeitskriterien von den Wirtschaftsbeteiligten nachgewiesen und durch unabhängige, externe Kontrollen überprüft werden müssen. Neben nationalen Systemen der Behörden können hierfür EU-anerkannte Zertifizierungssysteme verwendet werden, die entsprechende Standards vorgeben. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet die RED II-Richtlinie in nationales Recht zu überführen und haben zusätzlich die Möglichkeit auch strengere Kriterien zu verordnen.

2. Wer sind die Proponenten bei der Nachhaltigkeitszertifizierung und welche Aufgaben erfüllen die nationalen und europäischen Behörden?

Die Nationalstaaten treffen die Entscheidung, ob sie ein staatliches oder freiwilliges Zertifizierungssystem für den Nachweis der Nachhaltigkeit laut RED II anwenden wollen. Die EU (Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission) prüft ob die Systeme die Anforderungen der RED II erfüllen, und erteilt ihnen die Freigabe (aktuell gibt es 14 anerkannte freiwillige und 1 staatliches System, wobei bei der Auswahl auf die unterschiedlichen Geltungsbereiche zu achten ist: EU- anerkannte Systeme). Österreich hat sich im forstwirtschaftlichen Bereich für ein freiwilliges Zertifizierungssystem entschieden und mit dem Erlass der entsprechenden Verordnungen die in Österreich betriebenen Anlagen verpflichtet sich der von der EU geprüften und anerkannten freiwilligen Zertifizierungssysteme zu bedienen. Die Zertifizierung selbst erfolgt durch Zertifizierungsstellen die wiederum von den Nationalstaaten (im Fall von Österreich vom BMK und BML) geprüft, anerkannt und bekanntgegeben werden müssen. Die Zertifizierungsstellen bedienen sich wiederum Auditoren das sind Personen, die im Auftrag der Zertifizierungsstelle die notwendigen Überprüfungen im Rahmen eines Audits durchführen und über entsprechende Berechtigungen verfügen müssen. Nach einem erfolgreichen Audit stellt die Zertifizierungsstelle ein für ein Jahr gültiges Zertifikat an den Betreiber aus, damit hat dieser die Berechtigung nachhaltige Biomasse zu verarbeiten oder zu verkaufen.

3. Warum braucht man eine Zertifizierung nach der RED II?

Um zu gewährleisten, dass die nach der Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (2018/2001/EG – RED II) eingesetzte Biomasse nachhaltig produziert wurde, haben sich die europäischen Mitgliedstaaten auf Kriterien geeinigt, die künftig von allen Wirtschaftsakteuren eingehalten und dokumentiert werden müssen, die Biomasse oder Biogas zur Strom- oder Wärmeerzeugung nutzen. Diese Kriterien sind in Österreich mittels eines durch die EU- Kommission anerkannten Zertifizierungssystems nachzuweisen. Ein dafür ausgestelltes Zertifikat hat in Österreich eine Gültigkeit von einem Jahr.

4. Wer ist zertifizierungspflichtig?

Ob eine Anlage und somit die vorgelagerte Wertschöpfungskette zertifizierungspflichtig und daher auch die Abgabe einer Selbsterklärung durch den forstwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb notwendig ist, regeln nicht die freiwilligen Zertifizierungssysteme, sondern die grundlegenden Verordnungen. Bei Zweifel über eine Verpflichtung zur Zertifizierung nehmen Sie bitte mit den entsprechenden Behörden Kontakt auf.

5. Gibt es Ausnahmen für die Nachhaltigkeitszertifizierung?

Bis zur Umsetzung der Änderungen in der RED III sind Anlagen die feste Biomasse einsetzen und unter 20 MW Brennstoffwärmeleistung aufweisen von der Nachweispflicht befreit. Mit der Umsetzung der RED III (Die nationale Umsetzung der RED III muss spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten der RED III, also bis zum 21. Mai 2025, erfolgen) wird diese Größengrenze auf 7,5 MW Brennstoffwärmeleistung gesenkt. Für unterschiedliche Biomassen und Anwendungsbereiche gelten unterschiedliche Kriterien, Größenordnungen und Nachweispflichten. Diese können in den entsprechenden Verordnungen nachgelesen werden. Leider sehen weder die RED II noch die RED III Ausnahmen für Kleinlieferanten vor.

6. Was passiert OHNE Zertifizierung?

Die Inhalte der nationalen Verordnungen sind mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft getreten. Bis zum 29.12.2023 besteht die Möglichkeit, mittels einer Eigenerklärung an die entsprechende Behörde um einen Aufschub der Zertifizierungsanforderungen aufgrund von Mängeln in Bezug auf Zertifizierungsmöglichkeiten bis zum 29.12.2023 anzusuchen. Ein Aufschub kann bis zum
29.12.2023 gewährt werden, danach gilt nicht-zertifizierte forstwirtschaftliche Biomasse die in Anlagen auf Basis fester Biomasse mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von ≥ 20 MW für die in der BMEN-VO genannten Zwecke eingesetzt wird in Österreich nicht mehr als nachhaltig bzw. erneuerbar und ist somit nicht mehr förderbar. Zur Differenzierung bei der Weitergabe und beim Einsatz von Biomasse verschiedener Kriterien sowie zertifizierter und nicht zertifizierter forstwirtschaftlicher Biomasse ist der Einsatz von Massenbilanzsystemen Voraussetzung.

7. Wie lange dauert eine Zertifizierung?

Nach erfolgter Registrierung bei einem durch die EU-Kommission anerkannten Zertifizierungssystem ist eine bei diesem System zugelassene Zertifizierungsstelle zu wählen, die für eine Zulassung in Österreich bei den entsprechenden nationalen Behörden gelistet sein muss. Für ein Audit sind vom Unternehmen die notwendigen Systemdokumentationen zu erstellen und ein Audittermin ist zu vereinbaren. Das Hauptaudit dauert erfahrungsgemäß 1 – 2 Tage – je nach Qualität der für das Audit bereitgestellten Nachweise. Abhängig von festgestellten Abweichungen, sind diese zu beheben und ein Zertifikat kann ausgestellt und bei dem Zertifizierungssystem registriert werden. Die Zertifizierungsentscheidung der Zertifizierungsstelle kann bis zu 6 Wochen benötigen, wobei das Zertifikat erst gültig ist, wenn dieses von der Zertifizierungsstelle in die öffentliche SURE-Zertifizierungsdatenbank hochgeladen wurde.

8. Was kostet eine Zertifizierung?

Es fällt eine Vertragsgebühr für das Zertifizierungssystem laut deren Tarifsystem an. Zu einer jährlichen Grundgebühr kommt eine mengenbezogene Gebühr sowie die Kosten für die Zertifizierungsstelle, die normalerweise nach Aufwand berechnet wird. Im Fall von SURE sind das je nach Größenordnung des Betriebes zwischen 250 und 3000 Euro jährliche Grundgebühr und eine mengenbasierte Abgabe pro ATRO-Tonne, die als nachhaltige Biomasse verwendet wird, die in Abhängigkeit des Biomasse- Brennstoffs der Gebührenordnung von SURE zu entnehmen ist. Der Aufwand hält sich für den Handel, der bereits ein Massenbilanzsystem hat (PEFC – und FSC-zertifizierte Unternehmen) in Grenzen. Für Unternehmen, die erst ein Massenbilanzsystem implementieren müssen ist der Aufwand höher. Für energieerzeugende Unternehmen variiert der Aufwand durch die unterschiedlichen Nachweispflichten.

9. Wie ist mit Lagerbeständen umzugehen bzw. können diese zertifiziert werden?

Der Umgang mit Lagerbeständen ist im RED-II-Informationsleitfaden „Kriterien für Nachhaltigkeit und Treibhausgaseinsparungen“ des Umweltbundesamts beschrieben. Im Falle von SURE können Lagerbestände bei der Erstzertifizierung unter bestimmten Voraussetzungen teilweise mitzertifiziert werden und gelten bei vorliegender Selbsterklärung und Bestätigung von Engpässen bei der Zertifizierung als erneuerbar.

10. Was ist eine Risikobewertung?

Risikobewertungen untersuchen wie hoch das Risiko nicht nachhaltig erzeugter forstwirtschaftlicher Biomasse in einer definierten Region ist. Im Zertifizierungssystem SURE wird bei der Erstellung von Risikobewertungen die Implementierung der Nachhaltigkeitskriterien (Legalität von Ernte, Handel und Transport, die Gewährleistung einer Waldregeneration, Schutz von ausgewiesenen Schutzgebieten, auch in Feuchtgebieten und Torfmooren, Erhalt und Förderung der biologischen Vielfalt, Erhalt der Bodenqualität, Erhalt der langfristigen Produktionskapazität des Waldes, Erhalt von mindestens ausgeglichenen Kohlenstoffbeständen im Gewinnungsgebiet) in dem im betrachteten Land gültigen Recht verglichen und deren Rechtsdurchsetzung und Monitoring überprüft. Besteht ein niedriges Risiko („low-risk“) der nicht nachhaltigen Waldbewirtschaftung, da die Kriterien bereits gesetzlich geregelt sind, behördlich kontrolliert und bei Verstößen entsprechend sanktioniert werden, ist der forstwirtschaftliche Betrieb gemäß den Anforderungen des SURE-EU-Systems nicht selbst zertifizierungspflichtig, bzw. kann in einem vereinfachten Verfahren zertifiziert werden. In diesem Fall muss der Erzeugerbetrieb gegenüber dem Gruppenmanager, der in der Regel auch der Ersterfasser ist, eine unterschriebene Selbsterklärung abgeben, und bestätigen, dass zum Zeitpunkt der Biomasseernte für das Gewinnungsgebiet der forstwirtschaftlichen Biomasse eine entsprechend aktuelle Risikobewertung vorliegt, deren Geltungsbereich vollumfänglich die Fläche des Gewinnungsgebietes abdeckt und für das Gewinnungsgebiet ein niedriges Risiko der nicht- nachhaltigen Waldbewirtschaftung ausweist. Erzeugerbetriebe, die forstwirtschaftliche Biomasse aus „low-risk“-Gewinnungsgebieten liefern und eine entsprechende Selbsterklärung abgegeben haben, sind dennoch kontrollpflichtig und werden stichprobenartig im Rahmen der Systemaudits des Ersterfassers kontrolliert.

11. Ist das österreichische Forstgesetz nicht streng genug?

Das österreichische Forstgesetz deckt auch die Nachhaltigkeitskriterien der RED ab. Daher ist es möglich Österreich als Niedrigrisiko (LEVEL A) Gebiet einzustufen. Wenn das Forstgesetz eingehalten wird, werden in der Regel auch die Nachhaltigkeitskriterien, die ein Forstbetrieb für die Zertifizierung einhalten muss, eingehalten. Leider haben die Mitgliedstaaten darunter auch Österreich mit der Verabschiedung der RED II beschlossen, dass dies nicht ausreicht und eine zusätzliche Zertifizierung notwendig ist. Die Bioenergiebranche und die land- und forstwirtschaftlichen Interessensvertretungen haben über Jahre hinweg vor den Nachteilen und Risiken einer bürokratischen Zertifizierung gewarnt. Letztendlich haben die EU-Kommission, das EU-Parlament und letztlich auch die Nationalstaaten auf Druck von Umweltschutzorganisationen und Teilen der energieintensiven Holzverarbeitung die Einführung von Nachhaltigkeitskriterien und deren Kontrolle über ein Zertifizierungssystem beschlossen, welches von einer unabhängigen Drittprüfstelle kontrolliert werden muss. Das führt zur paradoxen Situation, dass Nebenprodukte und Reststoffe aus der Forst- und Holzwirtschaft für die energetische Nutzung zertifiziert werden müssen, Hauptprodukte, die in Verkehr gebracht werden, jedoch nicht.

12. Können Zertifizierungsstellen die Annahme von Selbsterklärungen verweigern? 

Selbsterklärungen, die vom Zertifizierungssystem erstellt und von der EU freigegeben wurden werden jedenfalls anerkannt. In Österreich wurden von der Landwirtschaftskammer vereinfachte Selbsterklärungen erarbeitet, die der österreichische Gesetzgeber akzeptiert, die Zertifizierungsstellen wurden vom Zertifizierungssystem dahingehend informiert. Die Annahme der Selbsterklärung liegt allerdings in der Verantwortung der Zertifizierungsstelle, die letzten Endes für die Richtigkeit des Zertifikats und der RED II -konformen Auditierung verantwortlich ist. In der Praxis müssen die Zertifizierungsstellen die fehlenden Informationen nach ihrem eigenen Ermessen prüfen. Bei Verwendung von Selbsterklärungen, die nicht vom Zertifizierungssystem stammen, besteht immer ein Restrisiko betreffend Anerkennung und nachträglicher Prüfung.

13. Macht es für den Forstbetrieb einen Unterschied welche Selbsterklärung er unterschreibt?

Nein, so oder so ist er für die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien verantwortlich und stimmt auch einer möglichen Überprüfung gemäß den Anforderungen des gewählten Zertifizierungssystems zu. Sobald eine Selbsterklärung abgegeben wird, nimmt der Forstbetrieb selbst an der Zertifizierung teil. Die Selbsterklärung muss einmal im Jahr abgegeben werden und ist für ein Jahr gültig. Sinn der Selbsterklärung ist es den Aufwand für den Forstbetrieb so gering wie möglich zu halten, er muss dafür kein Massenbilanzsystem, allerdings Aufzeichnungen über die gelieferten Mengen und den Ort der Ernte führen und diese sowie die Selbsterklärungen in Kopie mindestens fünf Jahre aufbewahren und der jeweiligen Zertifizierungsstelle jederzeit Zugang zu diesen Informationen gewähren.

14. Sind Änderungen und Anpassungen im Zertifizierungssystem aufgrund nationaler
 Besonderheiten möglich?

Alle von der EU anerkannten Zertifizierungssysteme unterliegen diversen Durchführungsverordnungen, EC-Assessments und Monitoring-Auflagen und sind an diese gebunden. Bereits geringfügige Abweichungen bedürfen einer Abklärung bzw. Freigabe durch die Europäische Union, das kann mehrere Monate dauern. Generell ist die EU hier sehr restriktiv. Handeln die Systeme nicht in der mit der EU abgestimmten Vorgehensweise, droht ihnen der Verlust ihrer Zulassung. Es ist EU -Vorgabe, dass die Zertifikate zwischen den Systemen anerkannt werden müssen. Die Systeme sind ähnlich aufgebaut, auch der Aufwand für die zu erbringenden Nachweise ist ähnlich.

15. Ist eine bereits vorhandene freiwillige Zertifizierung auch nach RED II gültig?

Für eine Gültigkeit nach der RED II muss das gewählte Zertifizierungssystem von der EU-Kommission für den jeweiligen Bereich zugelassen sein. Alle aktuell von der EU-Kommission zugelassenen Zertifizierungssysteme sind unter https://energy.ec.europa.eu abrufbar.

16. Gelten Systeme wie FSC und PEFC für die Nachhaltigkeitszertifizierung?

Nein noch nicht. PEFC hat einen eigenen Standard für die Nachhaltigkeitszertifizierung entwickelt und befindet sich in der Anerkennungsphase (Stand Oktober 2023). Bestehende Zertifizierungssysteme wie PEFC oder FSC sind prinzipiell freiwillige Verpflichtungen der Branche zum Nachweis von Standards, die sich die Branche selbst auferlegt. Werden diese nicht eingehalten wird dem Teilnehmer zwar das Zertifikat entzogen, er verliert aber nicht das Recht seine Produkte weiter zu verkaufen. Die Nachhaltigkeitskriterien nach der RED sind staatlich vorgegeben und müssen von staatlich kontrollierten Systemen nachgewiesen werden. Ein Verlust des Zertifikats hat für Unternehmen weitreichende Konsequenzen und führt zum Verlust von Förderungen. Im Emissionshandelssystem müssen für nicht nachhaltige Biomassen Verschmutzungsrechte gekauft werden. Dies kann zu Verlusten und Zahlungen in Millionenhöhe führen und würde für viele Betriebe den wirtschaftlichen Ruin bedeuten.

17. Können Drittsysteme anerkannt werden?

In Österreich ist das aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht möglich. In Deutschland wurde ein System aus der Abfallwirtschaft anerkannt, dass für den Nachweis der THG -Einsparungen ausreichend ist und über ein Massenbilanzsystem verfügt. Dieses bildet jedoch nur einen kleinen Teilbereich der Nachhaltigkeitszertifizierung ab und ist für viele Anforderungen der RED II ungeeignet und mit Umsetzung der RED III wahrscheinlich nicht mehr anwendbar.

18. Wie kam es zum Zertifizierungssystem SURE?

Nach einem langwierigen Anerkennungsprozess hat es die Bioenergiebranche (Bioenergy Europe) gemeinsam mit einem auf die Zertifizierung von Biotreibstoffen spezialisierten System (REDcert) geschafft, einen eigenen Standard auch für die Biomasse- und Biogasbranche anzubieten. Dies wurde erforderlich, um frühzeitig Engpässe bei der Zertifizierung und damit eine große Rechtsunsicherheit für Betreiber zu vermeiden. Zudem wollte man ein System entwickeln, dass speziell auf die Bedürfnisse der Branche, die aus vielen kleinen Anlagen und Lieferanten besteht, zugeschnitten ist. Die nationalen Bioenergieverbände dienen bei Bedarf als nationale Informationsdrehscheiben, informieren Betriebe, bündeln Anfragen und bemühen sich um eine möglichst rasche Abklärung offener Fragen mit Behörden, dem Zertifizierungssystem und Zertifizierern.